Radio-Sendungen

Aldo Parmeggiani (Interview mit Hildegard Hammerschmidt-Hummel), ‘William Shakespeare - Ein heimlicher Katholik?’, ‘Aktenzeichen’, RADIO VATIKAN (18. September 2011) - www.radiovaticana.org/ted/Articolo.asp?c=521625, Siehe auch: 'Menschen in der Zeit', RADIO VATIKAN - www.radiovaticana.org/tedesco/ted_menschen.htm

Jüngste Erkenntnisse über das Flower-Porträt William Shakespeares. Interview mit Hildegard Hammerschmidt-Hummel.
Moderation: Doris Schäfer-Noske, “Kultur heute”, Deutschlandfunk Köln (28. Oktober 2007)


Text: http://www.dradio.de/dlf/sendungen/kulturheute/687401/

‘audio-on-demand’:
http://www.dradio.de/dlf/sendungen/kulturheute/

Vor anderthalb Jahren haben britische Forscher Portraits des Dichters Shakespeare unter die Lupe genommen .... Das sogenannte ‘Flower Portrait’, ein Ölgemälde, erklärten sie ... zu einer Fälschung aus dem 19. Jahrhundert. Die Shakespeare-Expertin Hildegard Hammerschmidt-Hummel hatte vor über zehn Jahren die Authentizität dieses Bildes nachgewiesen. Nun stellte sie fest, das ‘Flower Portrait’ sei ausgetauscht worden.



„Die authentischen Gesichtszüge William Shakespeares“, Marie-Christine Werner im Gespräch mit Hildegard Hammerschmidt-Hummel, „Journal aus Rheinland-Pfalz“, SWR2 (8. August 2006).

MCW: In der Sommerzeit zieht das Theater unter den freien Himmel und auf dem Programm steht alle Jahre vor allem ein Name - Shakespeare. ... Die Mainzer Anglistikprofessorin Hildegard Hammerschmidt-Hummel beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem Autor. Frau Hammerschmidt-Hummel kann man denn Shakespeare überhaupt noch neu auf die Bühne bringen? Ist da nicht alles gesagt?

HHH: Es ist mit Sicherheit nicht alles gesagt, und man kann ihn auch immer wieder neu auf die Bühne bringen. Damit sind nicht nur die technischen Dinge gemeint, vor allen Dingen, daß jetzt neue Erkenntnisse über Shakespeare vorliegen, sowohl über seinen Person, als auch über sein Werk und die Geschichte und die Zeit, in der er geschrieben hat. Und das ganze muß man aufeinander beziehen. Und nur wenn das tut, bekommt man ein umfassendes Bild von Shakespeare.

MCW: Wo steht die Anglistik in Bezug auf die Literatur Shakespeares? Ist das literarische Werk schon hinreichend erforscht?

HHH: Also das literarische Werk ist mit Sicherheit noch nicht hinreichend erforscht. Es gibt da jetzt ganz neue Erkenntnisse, vor allen Dingen, was die Religion des Dichters betrifft, die sich inzwischen, wie ich in meiner [Shakespeare-]Biographie nachweisen konnte, als der eigentliche Schlüssel zum Werk erwiesen hat. Shakespeare war heimlicher Katholik. Er konnte sich sozusagen nicht outen, nimmt aber in seinem dramatischen Werk - und auch das ist immer verkannt worden - Stellung ... zu den bedeutendsten Ereignissen seiner Zeit. Er macht das etwas kaschiert. Aber wenn man den entsprechenden Schlüssel besitzt, kann man die Dinge heute dekodieren.

MCW: Können Sie da mal ein Beispiel nennen?

HHH: Beispielsweise Heinrich VIII, wo Shakespeare Stellung nimmt im Prolog zu den Ungeheuerlichkeiten der englischen Geschichte, die noch immer unfaßlich seien, und daß das, was nun auf der Bühne gezeigt werde, wahrlich keinen Anlaß zur Freude biete. Denn nun würden Wahrheiten ausgesprochen, ... die noch immer unglaublich ... schienen. Denn nicht mehr Lachen sei angesagt, sondern nur noch Leid, Mitleid und Tränen. Wenn man ... die Religionsgeschichte der Zeit hinzunimmt, dann ergibt das ganze Sinn.

MCW: Sie haben nicht nur die Literatur des Schriftstellers erforscht, sondern auch die Person. Im Februar ist Ihr Buch Die authentischen Gesichtszüge William Shakespeares hierzulande erschienen und nächste Woche wird es in Großbritannien auf den Markt kommen, Sie haben, Frau Hammerschmidt-Hummel, dort die Echtheit zweier zuvor als Fälschungen eingestuften Porträts bewiesen. Wie konnten Sie das tun?

HHH: Ich habe in meinen rund zehnjährigen Forschungen in Zusammenarbeit mit zahlreichen Experten verschiedenster Disziplinen nachweisen können, daß wir in Wirklichkeit vier authentische Wiedergaben Shakespeares besitzen. Das sind zwei Porträts, das Chandos- und das Flower-Porträt, dann die Darmstädter Shakespeare-Totenmaske - und zuletzt wurde ... ein wunderbares Meisterwerk auch als echte Shakespeare-Wiedergabe nachgewiesen, nämlich die sogenannte Davenant-Büste. Und für alle diese Bildnisse - das haben meine Forschungen ergeben, auf der Grundlage natürlich von Bildvergleichen, die das BKA im wesentlichen durchgeführt hat, zuletzt wurde auch Laserscanning eingesetzt - für alle diese Bildnisse muß Shakespeare persönlich Modell gesessen haben. Eine Grundvoraussetzung für alle diese Forschungen und Untersuchungen war, daß die Künstler der Renaissance ihre Modelle absolut im Detail getreu und naturgetreu wiedergegeben haben - und mit allen Krankheitsmerkmalen, die im Gesicht sichtbar waren, der Lebenden oder auch der Toten ...

MCW: Ihre Forschungen zum Äußeren von Shakespeare sind ja nicht unumstritten, weil immer noch die Thesen in der Luft schwirren, Shakespeare sei vielleicht ein Kollektiv gewesen oder der Deckname eines anderen Schriftstellers. Wie können Sie sich da also so sicher sein?

HHH: Also das sind Thesen, die ... völlig unhaltbar [sind]. Das hat die orthodoxe Shakespeare-Forschung immer schon so gesehen. Vor allen Dingen auf der Grundlage der authentischen Quellen, die überliefert worden sind, besteht überhaupt kein Zweifel an der Person William Shakespeares. Wir wissen jetzt, warum Shakespeare sich relativ bedeckt halten mußte. Weil er eben Angehöriger der verbotenen katholischen Religion war und weil er zum Beispiel die [heimliche] Anlaufstelle für flüchtige katholische Priester in London gekauft hat. Alles das sind jetzt ganz neue Forschungsaspekte und neue Belege, die noch einmal die Person und die Autorschaft William Shakespeares unterstreichen, so daß wir da überhaupt nicht die geringsten Zweifel haben können.

MCW: Professor Hildegard Hammerschmidt-Hummel von der Anglistik der Universität Mainz. Ihr Buch, Die authentischen Gesichtszüge William Shakespeares. Die Totenmaske des Dichters und Bildnisse aus drei Lebensabschnitten, ist im Verlag Olms erschienen und kostet 48 Euro ...

„Was hat die moderne Radiologie mit dem Renaissance-Dichter William Shakespeare zu tun? - Brigitta M. Mazanec - Am Tisch mit Hildegard Hammerschmidt-Hummel, Shakespeare-Expertin“, Hr2 Doppelkopf (28. April 2006), 12.05 Uhr.

Auf den ersten Blick nicht viel. Doch die Frage um „Sein oder Nichtsein“ oder vielmehr „Ist er’s“ oder „Ist er’s nicht?“ konnte mit Hilfe des Darmstädter Radiologie-Professors Bernd Kober ein gehöriges Stück weitergebracht werden. Er und sein Team untersuchten eine Totenmaske, die Shakespeare zumindest ähnlich sah. Experten des Bundeskriminalamtes stellten weitere Recherchen an, und siehe da: Er ist’s. Die sogenannte „Darmstädter Totenmaske“ ist tatsächlich die von William Shakespeare. Diejenige, die mit Vehemenz, Akribie und kriminologischer Hartnäckigkeit sämtliche Unklarheiten um Shakespeare aufklären will und damit auch ein gutes Stück zur Shakespeare-Forschung beigetragen hat, ist die Mainzer Professorin Hildegard Hammerschmidt-Hummel. Im „Doppel-Kopf“ erzählt sie einen wahren Shakespeare-Krimi.
Gastgeberin: Brigitta M. Mazanec
Wiederholung um 23.05 Uhr

BMM: [Hildegard Hammerschmidt-Hummel] studierte ... Anglistik, Amerikanistik, Geschichte und Politikwissenschaft in Marburg. ... Sie promovierte mit der Dissertation Das historische Drama in England. 1977 habilitierte sie sich in Mainz mit der Habilitationsschrift Die Importgüter der Handelsstadt London als Sprach- und Bildbereich des elisabethanischen Dramas ...

[Frau Hammerschmidt-Hummel], Sie gingen dann nach Toronto und leiteten das Kulturreferat der Bundesrepublik Deutschland. Anschließend waren Sie aber wieder in Mainz. Haben dort gelehrt und - es kommt das Entscheidende - sie waren Leitende wissenschaftliche Mitarbeiterin am Shakespeare-Bildarchiv an der Uni in Mainz - und ab 1996 an der Mainzer Akademie der Wissenschaften und der Literatur, gegründet von dem Marburger Shakespeare-Forscher und Mainzer Akademiemitglied, Horst Oppel. Womit wir bei Shakespeare wären, dem großen Thema Ihres wissenschaftlichen Lebens, das auch Thema unserer Sendung sein soll.

Sie haben etwas ganz Entscheidendes getan, Frau Hammerschmidt-Hummel, und zwar haben Sie die Darmstädter Totenmaske, deren Herkunft eigentlich etwas fraglich war, genau anschauen lassen - mit ganz besonderen Methoden. Würden Sie uns darüber was erzählen.

HHH Ja, ich habe in der Tat die Echtheit der Darmstädter Shakespeare-Totenmaske nachweisen können, was allerdings nicht so gelaufen ist, daß ich mir das von vornherein zum Ziel gesetzt hatte. Es kam eigentlich ganz anders. Ich war mit meinem Projekt „Die Shakespeare-Illustration“ befaßt ... Ich hatte eine Zeichnung aus der Shakespeare-Zeit und glaubte auf dieser Zeichnung einen elisabethanischen Darsteller, und zwar den ersten großen Darsteller William Shakespeares erkennen zu können. Und da brauchte ich professionelle Unterstützung. Ich wandte mich damals an den BKA-Präsidenten. Denn ich wußte, daß die Experten des BKA über die Identifizierungstechniken verfügen - besondere Verfahren haben -, und es gelang mir, diese Experten zu interessieren. ... Es war in der Tat der erste große Darsteller [Shakespeares] in einem Shakespeare-Stück - und daraus folgte, daß die eigentliche Hauptfigur, Titus Andronicus, von Shakespeare selber gespielt worden sein muß. Denn ist undenkbar, daß ein solcher Part irgendein Schauspieler der Truppe gespielt hätte, denn damit ... verdiente man sehr viel Geld. Dann gelangte ich zu dem Problem, daß ich sagen mußte, im Falle des ersten großen Darstellers - er heißt übrigens Richard Burbage - bin ich in der Lage, ein Vergleichsporträt anzubieten, aber im Fall Shakespeares gibt es angeblich keine. Das war der damalige Forschungsstand. Es gäbe kein authentisches, nach dem Leben gemaltes Bild / Porträt von William Shakespeare. Da ich aber die bekannteren Bilder mitgebracht hatte - auch eine Ansicht der Totenmaske - hat sich der Experte das gleich angesehen - und mit einem Mal hat es sozusagen ‘gefunkt’ - und er verglich die Bilder ... und meinte, ich könne ihm das Material überlassen. Und er hat auch zugesichert, ein Bildgutachten anzufertigen ...

In der Zeit, in der die Untersuchungen im BKA liefen, habe ich mich selber auch ganz intensiv mit diesen Bildern beschäftigt und hab dann mit einem Mal festgestellt, daß sie Krankheitsmerkmale aufwiesen, etwa eine gewaltige Schwellung am linken Oberlid, und zwar in unterschiedlichen Größen. Das deutete sogar darauf hin, daß es unterschiedliche Lebensalter waren. Oder ein anderes Merkmal: Eine auffällige Schwellung im linken nasalen Augenwinkel. Und das hat mich dann bewogen, Experten zu konsultieren.

BMM: Dann haben Sie Mediziner eingeschaltet.

HHH: Genau, dann habe ich die Mediziner eingeschaltet, und zwar einen Augenmediziner ... Das Ergebnis war, es handelte sich tatsächlich um pathologische Symptome. Es wurde das sogenannte Mikulicz-Syndrome diagnostiziert, also eine Erkrankung der Tränendrüsen. Und was diese kleine Schwellung im linken nasalen Augenwinkel betraf, da wurde ein kleiner Karunkeltumor diagnostiziert. Das war wahnsinnig aufregend. Und während die medinischen Untersuchungen gemacht wurden, bekam ich einen Anruf von den Mitarbeitern des BKA-Sachverständigen, daß mit einem sehr schönen Gutachten zu rechnen sei - und das machte die Sache noch ... spannender. Zum Schluß hatte ich sowohl medizinische Fachgutachten als auch ein kriminaltechnisches Bildgutachten, aus dem hervorging, daß die vorgelegten Porträts, von denen man annahm, sie hätten gar nichts mit einander zu tun, ... siebzehn übereinstimmende Gesichtsmerkmale [aufwiesen]. Da war die Sache völlig geklärt. Und die Reihenfolge von Stich und Gemälde - ich rede von dem Stich in der ersten Werkausgabe, der natürlich herangezogen wurde, weil wir eine Basis brauchten - diese Reihenfolge war in der Vergangenheit auf den Kopf gestellt worden. Man hatte behauptet, das [Flower-]Gemälde sei nach dem Stich entstanden. Das konnte aber nicht sein, weil ein Maler sich krankhafte Symptome nicht ausgedacht hätte, und der Stecher hat sie weitestgehend eliminiert, so daß dieser Punkt auch klargestellt werden konnte.

Und dann kam der ganz wichtige Punkt - Grabbüste in Stratford-upon-Avon in der berühmten Dreifaltigkeitskirche, und Darmstädter Shakespeare-Totenmaske. Und da waren die Ergebnisse so verblüffend. Den eigentlichen Bildbeweis ... brachte eine Computer-Montage [des BKA-Sachverständigen], die eben diese beiden Bildnisse ... zusammegesetzt hat. Und es gab ganz verblüffende Übereinstimmungen im Detail und praktisch nahtlose Übergänge. Da war völlig klar, daß die Darmstädter Shakespeare-Totenmaske das Modell des Bildhauers der Shakespeareschen Grabbüste gewesen sein müsse.

BMM: Und man hat Ihnen so einfach diese Shakespeare-Totenmaske zur Verfügung gestellt für diese Untersuchungen, Frau Hammerschmidt-Hummel? Oder war das sehr schwierig?

HHH: Es war eigentlich kein großes Problem, den Zugang zu der Darmstädter Shakespeare-Totenmaske zu bekommen, zumal ja auch schon der BKA-Sachverständige vorstellig geworden war. Man ist mir da immer sehr sehr entgegengekommen, und ich konnte alle Untersuchungen, die ich plante, auch durchführen dort. Es war eine hervorragende Zusammenarbeit mit dem damaligen Direktor, der anfangs sich etwas gewundert hat, daß mit einem Mal das Interesse an dieser Maske wieder so groß war. Aber in Darmstadt war diese Maske immer ein Kulturgut. Sie ... war seit weit über 150 Jahren in Darmstadt. Sie wurde von einem Darmstädter Maler aufgefunden und auch im 19. Jahrhundert schon nach England gebracht. Sie hat also eine ganz aufregende Geschichte hinter sich.

... die [Eigentümer-]Familie [war] angesichts der negativen Urteile der Anglisten [sehr enttäuscht]. ... da haben meine Kollegen leider Urteile abgegeben [ohne eigene Überprüfung], vor allen Dingen auch Samuel Schoenbaum, obwohl er die Maske nie gesehen hat. ... [er] hat sich auf das Urteil einer ‘Autorität’, wie er sagt, gestützt um 1900 (er hat also keine Forschungen gemacht), sondern sich auf einen Kunsthistoriker berufen, der ... aber auch die Maske nicht persönlich in Augenschein genommen hatte ... [Man kann also sagen], es wurden Urteile gefällt, ohne das Objekt überhaupt angeschaut zu haben. Da war natürlich die Familie, die diese Maske seit über 150 Jahren besaß, enttäuscht und hat sie schließlich zur Versteigerung freigegeben. Und dann gab es ein ‘Riesen-Bietduell’. Es hat im Auktionshaus Tenner in Heidelberg stattgefunden. ... Es gab ein Bietduell zwischen dem Repräsentanten der Stadt Darmstadt und ... dem Schweizer Gelehrten Bodmer.

BMM: Wann war das?

HHH: Das war 1960. Und die Stadt Darmstadt hat alles daran gesetzt, diese Maske nicht aus Darmstadt weggehen zu lassen. Und es ist tatsächlich dem Direktor der Hessischen Landes- und Hochschulbibliothek, in deren Besitz ja die Maske jetzt noch immer ist, gelungen, ... dieses Bietduell zu gewinnen, und er telegrafierte dem Oberbürgermeister Darmstadts: ‘Darmstädter Shakespeare-Totenmaske verbleibt in Darmstadt’. Punkt. Damit war die Sache gelaufen. Und deshalb ist dieses wertvolle Kulturgut noch immer in Darmstadt. Und es hat natürlich jetzt immens an Wert gewonnen. Ich habe das auch etwas bitter erfahren müssen ... Wir hatten Computertomographie angesetzt. Der Chefradiologe des [Darmstädter] Klinikums hatte sich freundlicherweise bereiterklärt, das durchzuführen. Doch dann kam ... das versicherungstechnische Problem. ... eine gewaltige Versicherungssumme [wurde angesetzt] und eine [hohe] Prämie fiel da an. Das ist natürlich dann die andere Seite der Medaille, ... auch das haben wir gelöst. Sie [die Maske] ist wie ein Mensch sozusagen unter den Computertomographen gelegt worden.

BMM: Sie waren dabei und haben das beobachten können?

HHH: Ich war dabei und habe es beobachten können, und es war eine ganz spannende Sitution. Es waren auch andere Beobachter, etwa der inzwischen pensionierte Direktor der Hessischen Landes- und Hochschulbibliothek, mit dem ich über Jahre hinweg zusammengearbeitet habe, war anwesend und viele andere. ... Wir ... [kamen] allerdings auf dem Weg Computertomographie ... nicht recht weiter, weil [der Transport für] das Vergleichsobjekt in London, eine neue Shakespeare-Büste (das ist auch eine ganz aufregende Sache), zu gefährlich ... [war] ... wegen der Zerbrechlichkeit des neuen Objekts. Aber wir haben auch da eine andere Lösung gefunden. Wir sind dann [in London] nicht mit dem Objekt zur Klinik gefahren, sondern es ist mit einem anderen Instrumentarium gearbeitet worden, mit einer anderen Methode, mit Laserscanning, das ist also das neueste, was an Technik heute möglich ist. Da konnte man ‘vor Ort’ die Aufnahmen machen. Und das mußte dann in Darmstadt auch noch einmal geschehen. Und die Auswertung, die Evaluation ... [wurde von] Professor Kober [vorgenommen], ... der wie der BKA-Sachverständige ... Feuer gefangen hat und wahnsinnig an der Sache interessiert ist ...

BMM: Da scheint ja so ein Shakespeare-Virus zu grassieren.

Es ist erstaunlich, wie sehr die Öffentlichkeit teilgenommen hat. Es ging ja damals sozusagen um die Welt und ist in vielen bedeutenden Organen (Presse, Magazinen, auch im New Scientist oder Focus) veröffentlicht worden. ... Es war schon sehr schön zu sehen, wie eben die Leute an der Person Shakespeares und an dem interessiert sind, was praktisch noch als - , ja als physische Substanz erhalten ist. Denn die Maske ist ja nicht nur einfach ein Stück Gips in den Formen des Gesichts von Shakespeare, sondern es befindet sich Erbstubstanz an dieser Maske in Form von Haaren. Wir haben Barthaare, wir haben Brauenhaare, wir haben Wimpernhaare. Wenn man die makrophotographischen Aufnahmen der Maske sich anschaut oder auch die, die mit Photogrammetrie erstellt wurden, sieht man auch die Hautstruktur. Das ... geht schon unter die Haut, die Hautstrukturen Shakespeares zu sehen. Und das hat eben alle Experten [die mitgewirkt haben in den vergangenen Jahren] - und deren sind es viele - doch sehr sehr bewegt.

...
„Neue Shakespeare-Büste“, Anja Höfer im Gespräch mit Hildegard Hammerschmidt-Hummel, „Journal am Mittag“, SWR2 (27. Februar 2006).

AH: Spekulationen über Shakespeare haben eine lange Tradition. Und der große britische Dramatiker und Dichter bietet dafür ja auch die besten Voraussetzungen. Es ist fast vierhundert Jahre tot. Er hinterließ ein zeitloses geniales Werk, aber über sein Leben da wissen wir immer noch ziemlich wenig. Das geht schon los bei der Frage, wie Shakespeare wohl ausgesehen hat. Licht in dieses Dunkel bringt jetzt Hildegard Hammerschmidt-Hummel, Professorin für Anglistik an der Uni Mainz. Sie will die Echtheit einer Büste nachgewiesen haben, die noch zu Shakespeares Lebzeiten entstanden sein soll und die seine Züge angeblich naturgetreu wiedergibt. Frau Hammerschmidt-Hummel, um was für eine Büste handelt es sich da?

HHH: Es handelt sich um die sogenannte Davenant-Büste, eine Büste aus Terrakotta, die im 19. Jahrhundert aufgefunden wurde und die man bisher für ein Werk eines Künstlers aus dem 18. Jahrhundert gehalten hat.

AH: Und was macht Sie so sicher, dass es eine Büste aus der Zeit Shakespeares ist, aus seiner Lebenszeit und dass die auch die authentischen Züge wiedergibt?

HHH: Ich bin insofern ganz sicher, als wir sämtliche Verfahren zur Feststellung der Identität durchgeführt haben, und zwar in Zusammenarbeit mit dem Sachverständigen des Bundeskriminalamts. Es ist so, daß diese neue Büste, die Davenant-Büste, verglichen wurde nicht nur mit den beiden Werken, die die Ausgangsbasis darstellen, das ist der Porträtstich in der ersten Werkausgabe und die Grabbüste des Dichters, sondern auch mit den bereits für echt befundenen Bildnissen, nämlich mit dem Chandos-Porträt, dem Flower-Porträt und der Darmstädter Shakespeare-Totenmaske - also alle Bildnisse, die in Frage kommen und die echt sind, wurden herangezogen. Und das Ergebnis war ganz verblüffend. Im Detail stimmen sämtliche Merkmale überein ...

AH: Welche Merkmale sind das denn vor allem?

HHH: Nasenflügel, Stirn, Augenbrauenbogen, die Lidspalte, die Lidplatten, auch der Lidplattenanteil. Wenn man das schneidet - und der BKA-Experte hat beispielsweise den Schnitt gelegt durch das linke Auge und dabei festgestellt eine ganz überraschende Übereinstimmung, einen harmonischen Übergang von etwa dem Chandos-Porträt zur Davenant-Büste, vom Flower-Porträt zur Davenant-Büste, also die kleinen feinen Details, die nur übereinstimmen können, wenn Identität vorliegt.

AH: Ja, wie sah William Shakespeare denn nun aus nach Ihren Erkenntnissen?

HHH: Also die Davenant-Büste ist das mit Abstand eindrucksvollste Bild, wenn man die Totenmaske einmal ausklammert, das überhaupt von Shakespeare existiert. Und dieses Ergebnis, was wir aufgrund der Echtheitsnachweise für die Davenant-Büste nun besitzen, das wird sozusagen schon von den Zeitgenossen bzw. der nachfolgenden Generation im 17. Jahrhundert bestätigt, wo es heißt, Shakespeare sei ein wohlgeformter, gutaussehender Mann gewesen, zudem ein sehr guter Gesellschafter und er habe einen sehr schlagfertigen und geschliffenen Witz gehabt. Alles dies findet sich jetzt in diesem neuen Bildnis, bei dem es sich im übrigen um ein Repräsentationsbildnis handeln muß, was Shakespeare ganz offensichtlich selbst in Auftrag gegeben hat.

AH: Diese Woche wird in London in der National Porträt Gallery die Ausstellung „Searching for Shakespeare“ eröffnet. Auch da geht es um die Forschungslage zu den bekannten Shakespeare-Porträts. Eins ist das Flower-Porträt, wohl eins der bekanntesten und am häufigsten nachgedruckten Shakespeare-Porträts. Und ausgerechnet das soll nun eine Fälschung sein. Das gab jetzt die Kuratorin der Ausstellung in London bekannt. Sie halten das Flower-Porträt für echt.

HHH: Ich halte das in der National Portrait Gallery untersuchte Flower-Porträt auch nicht für echt. Allerdings liegt das daran, daß ich meine, man habe ... eine Kopie untersucht. Man kann da ganz sicher sein, weil ich das Original-Flower-Porträt 1996 persönlich inspiziert habe, und ich besitze auch ein Ektachrom, das ist ... ein Diapositiv wie es für Ausstellungskataloge verwendet wird, und ich weiß, wie das Original-Flower-Porträt aussehen muß ... Das Porträt, das seit einigen Jahren ausgestellt wird als das Flower Porträt, das ist ganz offensichtlich eine Kopie. Ich habe diesen Sachverhalt durch Experten überprüfen lassen, und es ist der langjährige Sachverständige des Bundeskriminalamts, der ganz sicher ist, daß es sich bei dem Exponat, das jetzt auch in der Ausstellung in London präsentiert wird, „um eine Kopie handeln muss“.

AH: Und wo ist dann das Original?

HHH: Das kann ich leider nicht sagen. Ich habe aber die ... zuständigen Stellen rechtzeitig informiert, vor allen Dingen den Eigentümer. Ich habe Kontakt aufgenommen mit David Howells, das ist der Kurator der Royal Shakespeare Company Collection und habe ihm die Ergebnisse mitgeteilt. Er hat mir seinerseits versichert, daß er das ganze an die National Portrait Gallery weitergeben werde. Aber offensichtlich sind die Dinge wohl nicht so ernst genommen worden. Es ist so, daß meine These ... ja nachgerade bestätigt wurde. Ich bin selber [in meinem Buch] so vorgangen, daß ich beide Versionen, das Original-Flower-Porträt, bei dem es sich um eine alte ganz dünne, an den Rändern etwas ausgefressene Tafel handelt, daß ich dieses Original der Kopie gegenüberstelle und auch einzelne Ausschnitte, so daß sich eigentlich jeder Betrachter sein eigenes Bild machen kann.

AH: Wie sah Shakespeare aus? Es bleibt also spannend. Neues zum Thema war das von der Mainzer Anglistin Hildegard Hammerschmidt-Hummel. Ihr Buch heißt: Die authentischen Gesichtszüge William Shakespeares und ist gerade im Georg Olms Verlag erschienen.




„Shakespeare“. Interview mit Hildegard Hammerschmidt-Hummel, „Die schöne Woche“, Radioeins / RBB (21. April 2006).



Hildegard Hammerschmidt-Hummel - Interview in „Today“, BBC RADIO 4 (23 Februar 2006), 7.35 Uhr [http://news.bbc.co.uk/2/hi/entertainment/4742716.stm]

A new book on Shakespeare is claiming that the playwright died of cancer. The book is called ‘The True Face of William Shakespeare’, and the author is Professor Hildegard Hammerschmidt-Hummel, who says she has also solved the mystery of what Shakespeare looks like.

BBC: Shakespeare died of cancer. At least that’s the conclusion of research for a new book ‘The True Face of William Shakespeare’. It also claims to have solved of what he looked like. The book’s author, Professor Hildegard Hammerschmidt-Hummel from the University of Mainz, is on the line. Good morning.

HHH: Good morning.

BBC: How did you work out what he looked like?

HHH: Well, we applied several tests of identification, as, for instance, laser scanning, computer montages, photogrammetry and the so-called trick image differentiation technique ...

BBC: This is all portraits ...

HHH: Well, let me say, we now have a wonderful new image, it’s a terracotta bust, by far the most beautiful likeness of the poet, and one that gives us a loftier idea of his personality and his intellectuality than all the other portraits, except the death mask. And this was possible because there was one main precondition, and that is: The artists at the time of Shakespeare depicted their sitters realistically and accurately ...

BBC: But many people say that these portraits that you are using and the bust and the death mask aren’t of Shakespeare in the first place.

HHH: ... We have a perfect basis for examination, and that is the Droeshout engraving and the funerary bust of Shakespeare ... All the portraits and the new bust have been compared to these images, to the death mask, the Chandos and the Flower portrait, and they are all in perfect agreement, they form a perfect match ...

BBC: Professor, you are suggesting as well they all show a lump which you believe to be cancer.

HHH: Exactly, it is the so-called Mikulicz syndrome. That is an illness of the tear glands. ... It affected the whole system. Now we know he suffered from an systemic illness, an inner illness that takes a long course. It leads definitely to death. ...

BBC: Professor Hildegard Hammerschmidt-Hummel. I’m sure, that will get them all going ... Thank you very much.

 

Ev Schmidt, „Kriminalbeamte und Wissenschaftler beweisen Authentizität einer Shakespeare-Büste. Gespräch mit der Shakespeare-Forscherin Frau Prof. Hildegard Hammerschmidt-Hummel von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz“, Kulturradio am Vormittag - Wissen, RBB (18. Oktober 2005, 9.15)

 

Beiträge zu:

Shakespeares Totenmaske und die Shakespeare-Porträts ‘Chandos’ und ‘Flower’ (1995-98).

Das Geheimnis um Shakespeares ‘Dark Lady. Dokumentation einer Enthüllung (1999).

Die verborgene Existenz des William Shakespeare. Dichter und Rebell im katholischen Untergrund (2001).

Die Shakespeare-Illustration (1594-2000). Bildkünstlerische Darstellungen zu den Dramen William Shakespeares (2003).

William Shakespeare. Seine Zeit – Sein Leben – Sein Werk (2003).

 

 

Berger, Leonie, “Die Darmstädter Totenmasken”, “Mikado”, Geschichten aus dem Literaturland Hessen, Moderation: Ruth Fühner. Hessischer Rundfunk, HR2 (2004; 22. November). Über die Totenmasken Shakespeares und Niebergalls. - [Von HR4 gekürzte Fassung in: “Radioladen”, HR4 (2004; 21. November).

Gerk, Andrea, “Queen Elizabeth in Deutschland”, “Der Tag”, Hessischer Rundfunk, HR2 (2004; 1. November). Mit einem Beitrag “Zum Majestätsbegriff bei Shakespeare” von H. Hammerschmidt-Hummel.

Ringel, Stefan, “’Shakespeare und kein Ende’ - Hildegard Hammerschmidt-Hummels Shakespeare-Biographie und ihre Bücher zur Shakespeare-Illustration (1594-2000)” - “Literatur im Land”, Südwestrundfunk - SWR2 (2003; 23. August).

Parmeggiani, Aldo, “William Shakespeare - War er Katholik oder nicht?” - “Aktenzeichen”, Radio Vatikan (2002; 21. Juli).

Werner, Marie-Christine, “Zur Entschlüsselung von Shakespeares Klagegedicht ‘Phönix und Taube’ - Interview mit Hildegard Hammerschmidt-Hummel”, Südwestdeutscher Rundfunk - SWR 2 (2002; 22. Mai).

Groß, Rochus [Moderator], ”Hofpoet oder Rebell. - Wer war William Shakespeare? Neue Forschungen outen den Dramatiker als heimlichen Katholiken” - “Forum”, Südwestrundfunk - SWR2 (2001; 5. September) [Teilnehmer: Professor Dr. Dr. h. c. Rüdiger Ahrens, Anglist und Kulturwissenschaftler, Universität Würzburg, und Professor Dr. Hildegard Hammerschmidt-Hummel, Anglistin und Shakespeare-Forscherin, Universität Mainz].

Böhme, Susanne, und G. Ackva, “Die verborgene Existenz des William Shakespeare - Interview mit Prof. Hildegard Hammerschmidt-Hummel”, Südwestrundfunk - Swr4 (2001; 5. August).

Beier, Ina, “Interview mit Hildegard Hammerschmidt-Hummel”, Sender Freies Berlin (2001; 24. April).

Zurdeik, U. “Gespräch mit Frau Prof. H. Hammerschmidt-Hummel” Radio Bremen, “Journal am Morgen” (23.04.2001).

Böhne, Gabi, “Interview mit Prof. H. Hammerschmidt-Hummel”, Westdeutscher Rundfunk - WDR 5 (2001; 10. April).

Böllert, Klaus, “Die verborgene Existenz des William Shakespeare”, Hit Radio FFH (08.04.2001).

Horsch, Jürgen, “Die verborgene Existenz des William Shakespeare. Interview mit Prof. H. Hammerschmidt-Hummel” - “Logo”, Norddeutscher Rundfunk (2001; 6. April).

Quilitz, Stefan, “Shakespeare - Die verborgene Existenz. Interview mit Prof. Hammerschmidt-Hummel”, Dom Radio [Köln] (2001; 1. April).

Eisermann, David, und Hans-Jörg Modlmayr, “Gespräch zwischen David Eisermann und Hans-Jörg Modlmayr über Hildegard Hammerschmidt-Hummels Buch ‘Das Geheimnis von Shakespeares ‘Dark Lady’” - “Mosaik”, Westdeutscher Rundfunk (1999; 23. November).

Ueberbach, Stephan, “Shakespeares Dark Lady” - “Radiotreff”, Südwestfunk - SWR 4 (1995; 9. September).

Rösch, Martina, “Shakespeares Dark Lady. Interview mit Hildegard Hammerschmidt-Hummel”, Hessischer Rundfunk - HR4 (1999; 9. September).

Logan, Tracey and Jennifer Chevalier, “Radio-Interview with Hildegard Hammer­schmidt-Hummel" - "Woman's Hour", BBC Radio (1995; Dec. 15) [On the authenticity of the portraits Chandos and Flower and the Darmstadt Shakespeare death-mask].

Skyring, A, “Radio-Interview with Hildegard Hammerschmidt-Hummel”, ORF (1995; 25. Oktober) [On the authenticity of the portraits Chan­dos and Flower and the Darmstadt Shakespeare death-mask].

Carpenchuck, Dan, “Radio-Interview with Hildegard Hammerschmidt-Hummel” - "European Journal" Deutsche Welle, Köln (1995; October 24) [On the authenticity of the portraits Chandos and Flower and the Darmstadt Shakespeare death-mask].

Harrison, Vanessa, “Radio-Interview with Hildegard Hammerschmidt-Hummel” - "Euronews" BBC Radio [On the authenticity of the portraits Chandos and Flower and the Darmstadt Shakespeare death-mask] (1995; Oct. 23).

Stäblein, R., “Interview mit Hilde­gard Hammerschmidt-Hummel” - "Radioskop", Hessischer Rundfunk, Hörfunk (1995; 19. Oktober) [Zur Echtheit der Porträts Chandos und Flower und der Darmstädter Shakespeare-Totenmaske].

Winkler, Bernhard, “Interview mit Hildegard Hammerschmidt-Hum­mel”, Deutschland Radio Berlin (1995; 24. Juni) [Zur Echtheit der Shakespeare-Porträts Chandos und Flower und der Darmstädter Shakespeare-Totenmaske].

Sebenz, Katrin, “Shakespeares Totenmaske. Radio-Interview mit Hildegard Hammerschmidt-Hummel”, Hessischer Rundfunk (1995; 22. Juni).

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